Wachstum in Bewegung

Wachstum in Bewegung – Ballettunterricht angepasst an die kindliche Entwicklung

Darum ist es so wichtig:

Beim klassischen Ballett wird mit hoher Präzision gearbeitet – oft in sehr jungen Jahren. Um Überlastung und langfristige Schäden zu vermeiden, ist es entscheidend, die körperlichen Reifungsprozesse der Kinder zu kennen und zu respektieren. Der Unterricht sollte daher altersgerecht, abwechslungsreich und anatomisch sinnvoll gestaltet sein.

 1. Vorschulalter (ca. 4–6 Jahre)

 Anatomisch:

  • Der Bewegungsapparat ist noch sehr weich – Gelenke, Sehnen und Bänder sind überdehnbar.
  • Die Wirbelsäule befindet sich in der Entwicklung, das Gleichgewichtssystem ist noch unausgereift.
  • Die Körperproportionen (z. B. großer Kopf, kurzer Rumpf) erschweren „klassische“ Haltung.

 Im Unterricht:

  • Fokus auf spielerische Schulung von Koordination, Raumgefühl und Rhythmus.
  • Keine strenge Technik – keine extern forcierte Rotation (en-dehors)!
  • Viel Bewegung, Musik, Fantasie: Tiere tanzen, Geschichten erfinden, Improvisation.

 2. frühes Schulalter (ca. 6–9 Jahre)

 Anatomisch:

  • Der Knochenbau wird stabiler, aber Wachstumszonen (Epiphysen) sind noch empfindlich.
  • Muskeln bauen sich allmählich auf, aber die Kraftdosierung ist noch begrenzt.
  • Die Haltung entwickelt sich weiter, aber Gleichgewicht und Koordination bleiben instabil.

 Im Unterricht:

  • Einführung von einfachen Positionen und Armführungen (z. B. erste Port de bras).
  • Weiterhin spielerische Elemente, aber allmählich mehr Struktur.
  • Vorsicht bei Sprüngen: Gelenke und Füße sind noch nicht belastbar für große Kräfte.

 3. mittleres Schulalter (ca. 9–12 Jahre)

 Anatomisch:

  • Beginn der Vorpubertät, viele Kinder beginnen in die Länge zu schießen.
  • Der Körper wird „ungleichzeitig“: Arme, Beine, Füße wachsen schneller als Rumpf.
  • Gleichgewicht und Koordination können kurzfristig schlechter werden.
  • Muskulatur wird kräftiger – aber wichtig: keine gezielte Muskelkraftarbeit mit Widerstand!

 Im Unterricht:

  • Einführung technischer Elemente wie Pirouettenvorbereitung, einfache Adagios.
  • Sensibles Arbeiten an Haltung und Fußarbeit – ohne zu viel Druck.
  • Beginn kontrollierter Sprünge, einfache Allegro-Kombinationen.
  • Bewusstes Körpergefühl fördern, nicht korrigieren „auf Form“, sondern „auf Funktion“.

 Achtung Pubertät: Übergang zu Pre-Professional

Ab etwa 11–13 Jahren beginnt bei vielen Mädchen die Pubertät – der Körper verändert sich schnell:

  • Hüften werden breiter, die Beckenstellung verändert sich → Auswirkungen auf das en-dehors.
  • Gelenke können instabil sein, die Koordination gerät durch hormonelle Umstellungen durcheinander.
  • Psychologisch: Das Körperbild wird empfindlicher – Korrekturen müssen feinfühlig erfolgen!

Hier ist es besonders wichtig, den Kindern Raum zu geben, ihren „neuen“ Körper kennenzulernen – und sie nicht mit strengen Idealen zu überfordern.

Fazit:

Ein guter Ballettunterricht wächst mit dem Kind – körperlich, seelisch und tänzerisch. Wer die anatomische Entwicklung versteht, kann Kinder sicher, freudvoll und langfristig gesund begleiten – und damit die Basis für lebenslange Freude am Tanz legen.

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